Meine Ermittlungen zum Projekt »Wer London und wer Moskau hört …« laufen bereits seit einigen Jahren. Inzwischen sind sie weitgehend abgeschlossen. Aber bei so umfangreichen Recherchen gibt es immer wieder auch Fragen und Probleme, die nicht sofort und ohne Hilfe zu lösen sind. Dafür habe ich diese Fahndungsliste eingerichtet.
Sie soll für einen überschaubaren Zeitraum noch die Möglichkeit bieten, Hinweise, Fotos und Dokumente einzubringen. Bei meinen Nachforschungen habe ich immer mal wieder von solchen Dingen gehört. Noch könnten sie helfen, eine Geschichte besser zu verstehen. Das gilt auch für mündliche Informationen. Für manche Dinge und Hinweise geht es jetzt vermutlich um die letzte Chance, sie ausfindig zu machen. In wenigen Jahren könnten sie verschwunden sein, oder ihre Bedeutung ist dann für Nachgeborene nicht mehr erkennbar.
1. Letzte Erinnerungen gesucht
Bei meinen Recherchen stieß ich mehrfach auf Hinweise, dass es noch in den 1960er Jahren einzelne Briefe aus den Gefängnissen gab, die von Opfern der Bielefelder Gestapo an ihre Angehörigen geschickt wurden. Damals in den Akten erwähnt, verliert sich danach ihre Spur. Heute könnten sie helfen, eine Geschichte genauer zu beschreiben.
2. Tagebücher, Briefe und Ähnliches gesucht
Erlebnisse wie die Gestapo-Haft oder gar der Verlust von Menschen durch Folter und staatliche Gewalt werden von Opfern und Angehörigen sehr unterschiedlich »verarbeitet«. Manchen ist es unmöglich, über das Erlebte zu sprechen. Sie schweigen darüber, manchmal lebenslang. Andere durchleben den Schmerz immer wieder. Manche schaffen es – oft erst spät – darüber zu berichten oder ihre Erinnerungen schriftlich festzuhalten. Wenn es solche Aufzeichnungen oder Erinnerungen im Zusammenhang mit der Verfolgung durch die Bielefelder Gestapo gibt, bin ich sehr daran interessiert, sie für meine Arbeit einzusehen. Ich garantiere dabei absolute Vertraulichkeit.
3. Foto des Gestapo-Gebäudes gesucht
Einer der wesentlichen Tatorte der Verfolgung in Bielefeld war das Haus Siekerwall 9, in dem sich die Diensstelle der Geheimen Staatspolizei befand. Nach meinen Informationen ist bis heute kein einziges Foto dieses Gebäudes bekannt. Es wurde 1934 von der Gestapo bezogen, nachdem es zuvor bei einem Umbau um zwei Stockwerke erweitert worden war. Bei meinen Recherchen hörte ich verschiedentlich von Fotos, die sich im Besitz ehemaliger Gestapo-Angehöriger befunden haben. Vielleicht gelingt es, sie auf diesem Weg ausfindig zu machen.
4. Blick hinter die Kulissen
Die Tatorte der Verfolgung sind weitgehend bekannt, was sich hinter ihren Mauern abgespielt hat, muss mühsam recherchiert werden. Um zu erfahren, wie der Dienstalltag von Gestapobeamten aussah, ist es nur selten möglich, auf eigene Quellen und Aussagen von Gestapo-Angehörigen und anderen Verantwortlichen zurückzugreifen. An einzelnen Stellen ist mir das gelungen. Ich weiß von Nachkriegs-Kontakten und »Kameradentreffen«, bei denen auch mal »Tacheles« geredet wurde, wenn man glaubte, unter sich zu sein. Es wäre hilfreich, noch mehr solche Einblicke zu bekommen. Ich garantiere absolute Vertraulichkeit.
5. Die Angehörigen der Täter
Auch die Angehörigen der Täter mussten (und müssen) mit der Geschichte leben. Sie konnten und können ihr nicht ausweichen. Sie müssen mit ihr umgehen, obwohl sie selbst keine persönliche Verantwortung tragen. Oft gehören für sie Fotos, andere Erinnerungsstücke, Andeutungen und Unausgesprochenes zu den Familiengeheimnissen. »Wie Blei« liegen manche Dinge in Kommoden und auf Dachböden. In meiner historischen Arbeit habe ich wiederholt die Erfahrung gemacht, dass es auch für Angehörige wichtig sein kann, eigenes Wissen auszusprechen und persönliche Erfahrungen weiterzugeben. Dies ist auch eine Möglichkeit, selbst bisher Unbekanntes zu erfahren. Ich garantiere bei dieser Arbeit absolute Vertraulichkeit.
6. Der Prozess vor dem OLG Hamm
Am 15. August 1944 fand der Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) im Hamm der Prozess gegen Heiko Ploeger und seine Kollegen statt. Es handelte sich um einen von mehreren Prozessen vor dem OLG und dem sogenannten Volksgerichtshof gegen Männer und Frauen aus Ostweswestfalen-Lippe wegen Hochverrats und »Rundfunkverbrechen«. Die Urteile lauteten: Heiko Ploeger und Gustav Höcker (beide Todesstrafe), August Arnemann und Wilhelm Koch (je vier Jahre Zuchthaus), Kurt Dreskrüger und Friedrich Strunk (je drei Jahre Zuchthaus) sowie Hermann Moritz (drei Jahre und einen Monat Zuchthaus). Ich versuche, die Haft- und Lebensbedingungen für die Angeklagten und ihre Familien so genau wie möglich zu dokumentieren und habe dazu bereits zahlreiche Details zusammengetragen. Es interessieren mich Kontakt- und Besuchsmöglichkeiten, Kontakte der Angeklagten und der Familien untereinander, auch zu den Familien und Angeklagten der anderen Prozesse, Beschreibungen der Haft (die Gefangenen mussten u.a. körperlich schwer arbeiten!), Verhalten von Anwälten, Erinnerungen an den Prozess und ähnliches mehr.
7. Fotos von Gestapo »im Einsatz« gesucht
Zahlreiche Angehörige der Bielefelder Gestapo waren, insbesondere nach dem Überfall auf die damalige Sowjetunion, zeitweise abkommandiert zu Auslandseinsätzen in sogenannten Einsatzgruppen, die schwerste Kriegsverbrechen begingen.
Ich kenne Fotomaterial von solchen Einsätzen, weiß jedoch auch, dass bei Kameradschaftstreffen nach Kriegsende immer wieder auch private Fotoalben gezeigt wurden. Sie könnten eine wichtige Quelle für meine Arbeit sein. Ich garantiere absolute Vertraulichkeit.
8. Der »Kaufmann-Rethmeier-Prozess« von 1950
Nach jahrelangen Ermittlungen fand im Jahr 1950 vor dem Bielefelder Spruchgericht ein Prozess gegen die Gestapo-Beamten Karl Kaufmann und Otto Rethmeier statt, der ein großes öffentliches Interesse fand. Anders als heute, wurde damals vergleichsweise wenig fotografiert. So erklärt es sich, dass von diesem Aufsehen erregenden Ereignis nahezu keine bildlichen Überlieferungen bekannt sind.
Ich bin sehr dringend auf der Suche nach Fotos, aber auch nach sonstigen Informationen über alle nachfolgend genannten Personen:
die Angeklagten:
— Karl Kaufmann
— Otto Rethmeier
die Zeuginnen und Zeugen in dem Prozess:
— Antoinette Kölker (Gestapo-Sekretärin)
— Heinrich Oberwittler (NS-Betriebsobmann, Dürkopp)
— Hans Bramhoff (ehem. Polizeimeister, Bielefeld)
— Martha Bramhoff (Ehefrau)
die Rechtsanwälte:
— RA Grünewald, Bielefeld
— RA Geluschky, Bielefeld
die Richter:
— Dr. Althoff, Landgerichtsdirektor
— Hans Kuhlo, Landgerichtspräsident
Angesichts der Bedeutung des Prozesses könnte durchaus auch im Gerichtssaal fotografiert worden sein. Allerdings sind bis heute keine solchen Aufnahmen bekannt. Frage: Wurde eventuell auch dort fotografiert?
9. Generalstreik in Bielefeld
Zwei Tage nach der Urteilsverkündung fand in Bielefeld ein einstündiger Generalstreik statt. Rund 30.000 Menschen demonstrierten vor Rathaus und Landgericht gegen das skandalös milde Urteil gegen Kaufmann und Rethmeier. Auch von diesem besonderen Ereignis sind bisher keine Fotos bekannt. Frage: Gibt es davon tatsächlich keine direkten Bildquellen mehr?
10. Fotomaterial von Georg Barthel
Georg Barthel war Eigentümer der Dürkopp AG, später auch griechischer Honorarkonsul. In seinem Abschiedsbrief aus der Todeszelle beschuldigte der Dürkopp-Arbeiter Heiko Ploeger den Fabrikdirektor der Mitschuld an dem „Justizmord“, der an Ploeger begangen wurde.
Sehr ungewöhnlich für Barthels wirtschaftliche Rolle und seine gesellschaftliche Stellung ist die Tatsache, dass bisher kaum Bildmaterial von ihm bekannt ist.
In unregelmäßigen Abständen werde ich diese Fahndungsliste bearbeiten und ergänzen.
Falls Sie helfen können, senden Sie mir einfach eine Nachricht,
oder rufen Sie mich an: 01525 — 3402452.
Ich freue mich darauf und garantiere absolute Vertraulichkeit.
Hallo Dieter, hier ist Lydia, die Tochter von Hermann Abke. Es tut mir leid, dass Sie schon solange nichts mehr von mir gehoert haben. Eine Schulfreundin von mir hat mir einen Zeitungsausschnitt von meinem Vater geschickt. Es war das 80te Jubilaum seit meines Vaters Hinrichtung. Der Stolperstein vor meinem Haus (das nicht mehr existiert) wird jedes Jahr zum Jubilaeum von Zeugen Jehoves gereinigt!
Sollte es sie interressieren, werde ich Ihnen den Zeitungsausschnitt schicken! Freundliche Gruesse L.Fairweather