Wegen eines tech­ni­schen Pro­blems muss die Hör­fas­sung die­ses Bei­trags in Kür­ze nach­ge­reicht wer­den. Ich bit­te um Verständnis.

Text­fas­sung:

Der Schau­spie­ler Edgar Sel­ge ist in den 1950er/60er Jah­ren als Sohn des Direk­tors des Jugend­ge­fäng­nis­ses in Her­ford auf­ge­wach­sen. Das Leben im Her­ford jener Jah­re ist nicht sein eigent­li­ches The­ma, aber in sei­nem Buch “Hast Du uns end­lich gefun­den” gibt er, wenn auch sehr aus­ge­wählt und in klei­nen Dosen, ver­spreng­te Ein­bli­cke in das Leben eines Jun­gen und Jugend­li­chen, rund um die Gefäng­nis­mau­ern — eine Gegend, die den meis­ten Men­schen in Her­ford fremd ist. Dabei gibt es eini­ges zu ent­de­cken, wenn man sich etwas genau­er mit der Geschich­te die­ses Teils der Stadt beschäf­tigt.

Es gibt, außer den öffent­li­chen Schu­len, kei­ne Ein­rich­tung in Her­ford, die seit fast 140 Jah­ren einen ähn­lich gro­ßen Raum ein­nimmt. Das gilt für die räum­li­che Aus­deh­nung eben­so, wie für die Zahl tau­sen­der Men­schen, die dort einen mehr oder weni­ger gro­ßen Teil ihres Lebens ver­bracht haben. Bes­ser: ver­brin­gen muss­ten. Trotz­dem wird die Ein­rich­tung von der ein­hei­mi­schen Bevöl­ke­rung wenig beach­tet. Von den meis­ten wird sie ver­mut­lich ignoriert.

Als “Gro­ßes Schling­feld” wur­de im Volks­mund die Gegend weit vor dem Lüb­ber­tor bezeich­net, in der 1880 mit dem Bau des König­li­chen Gefäng­nis­ses in Her­ford begon­nen wur­de. Das für dama­li­ge Ver­hält­nis­se rie­si­ge Bau­pro­jekt füg­te sich also ein in die zur glei­chen Zeit statt­fin­den­de Aus­deh­nung der Stadt in die Feld­mar­ken im Zuge der Indus­tria­li­sie­rung. Die­se Auf­nah­me, die etwa um 1910 ent­stand, lässt noch die land­wirt­schaft­li­che Nut­zung der Flä­chen vor der Gefäng­nis­ku­lis­se erken­nen (heu­te F.W. Brink­mann GmbH und Agen­tur für Arbeit). Offen­bar ist hier zufäl­lig eine typi­sche Ern­te­sze­ne fest­ge­hal­ten, bei der die Men­schen auf dem Acker noch letz­te Kar­tof­feln auf­sam­meln (Bild­mit­te), wäh­rend auf der lin­ken Sei­te bereits das wel­ke Kar­tof­fel­laub ver­brannt wird. 

Foto: Samm­lung Die­ter Begemann

Als 1880 mit dem Bau des Preu­ßi­schen Zucht­hau­ses an der Eim­ter Stra­ße begon­nen wur­de, lag die Haft­an­stalt noch eini­ge hun­dert Meter vor den Mau­ern der Stadt. Sie gehör­te, wie vie­le Bau­ten in der Zeit der Indus­tria­li­sie­rung, zu den Pro­jek­ten, die nur auf der »Grü­nen Wie­se« zu ver­wirk­li­chen waren, also auf den damals noch frei­en Flä­chen der Feld­mar­ken rund um die eins­ti­gen Stadt­mau­ern. Die Gegend trug die Flur­be­zeich­nung „Gro­ßes Schling­feld“, als die König­lich Preu­ßi­sche Staats­re­gie­rung das Gelän­de für den Gefäng­nis­bau kauf­te. Die heu­ti­ge Eim­ter Stra­ße war zu Bau­be­ginn noch ein unbe­fes­tig­ter Feld­weg. Zur Stra­ße wur­de der Eim­ter Weg erst, als die Stadt ihn chaus­sier­te, das heißt, ihn begra­dig­te und mit einer Schot­ter­de­cke versah.

 

Flur­kar­te und Lage­plan für den Bau der »König­li­chen Gefan­ge­nen-Anstalt« in Her­ford. Ent­nom­men aus: 125 JVA Her­ford, Chronik 

Das Gefäng­nis war eigent­lich nur ein Trost­preis für die Her­for­der Ver­ant­wort­li­chen. Jah­re­lang hat­te der Magis­trat dar­auf gehofft, die Stadt könn­te von der preu­ßi­schen Regie­rung zum Stand­ort eines Land­ge­rich­tes erwählt wer­den. Mit gro­ßem Auf­wand hat­te man dafür immer wie­der bei Regie­rungs­stel­len und ein­fluss­rei­chen Poli­ti­kern anti­cham­briert – und muss­te sich letzt­lich aber der Nach­bar­stadt Bie­le­feld geschla­gen geben.

Unge­ach­tet des­sen zog mit dem Gefäng­nis­bau moder­nes Leben in die­sen neu­en Teil der Stadt. Bis dahin war dort, beson­ders in Früh­jahr und Herbst, Regen und Hoch­was­ser in Tüm­peln und Wie­sen ver­si­ckert (das ist der Sinn soge­nann­ter Schling­fel­der). Nun sorg­te die Stadt auf Ver­lan­gen der Regie­rung durch die Auf­stel­lung von Gas­la­ter­nen nicht nur für einen der ers­ten Stra­ßen­zü­ge mit Nacht­be­leuch­tung außer­halb der Innen­stadt. Wäh­rend an den sons­ti­gen Stra­ßen außer­halb der Wäl­le noch Sei­ten­grä­ben zu fin­den waren, wur­den zwi­schen Lüb­ber­tor und Gefäng­nis­ein­gang bereits auf bei­den Stra­ßen­sei­ten Trot­toirs (Bür­ger­stei­ge) und Allee­bäu­me zu Zei­chen des Fortschritts.

Ver­glei­chen­der Blick von der Eim­ter Stra­ße in die Stich­stra­ße zum Gefäng­nis­tor um 1910 und heu­te: Trot­toirs (Bür­ger­stei­ge) auf bei­den Stra­ßen­sei­ten und Allee­bäu­me las­sen sehr deut­lich das Bemü­hen um städ­te­bau­li­che Gestal­tung erken­nen. Üppi­ge Holz­ver­zie­run­gen am Wohn­haus des Gefäng­nis­di­rek­tors ver­mit­teln einen Ein­druck, wes­halb die­ses Gebäu­de bis in die 1970er Jah­re als »Vil­la« bezeich­net wur­de. Durch die Umbau- und Erwei­te­rungs­ar­bei­ten an der JVA nach den 1990er Jah­ren sind nicht nur die bei­den Wohn­häu­ser hin­ter der vor­ge­zo­ge­nen Gefäng­nis­mau­er ver­schwun­den. Davor sind von dem eins­ti­gen Ver­such, ein Stück lebens­wer­tes und moder­nes Her­ford zu gestal­ten, nur ein paar Meter klapp­ri­ger Jäger­zaun, ein schmud­de­li­ger Abfall­kas­ten und drei phan­ta­sie­lo­se amt­li­che Fah­nen­mas­ten übrig geblie­ben. Nur schwer vor­stell­bar, dass hin­ter die­sem Stück dump­fer Indus­trie­ar­chi­tek­tur hun­der­te jun­ger Men­schen leben, um auf ihre Rück­kehr in die Gesell­schaft vor­be­rei­tet zu wer­den. 

Foto 1910: Kom­mu­nal­ar­chiv Her­ford; Foto 2022 und Mon­ta­ge: Die­ter Begemann

Der Betrieb eines Zucht­hau­ses, auch wenn er am Ende des 19. Jahr­hun­derts über­haupt nicht mit heu­ti­gen Maß­stä­ben ver­gleich­bar war, erfor­der­te Per­so­nal, das den dama­li­gen Vor­stel­lun­gen von Zuver­läs­sig­keit ent­sprach. In den Anfangs­jahr­zehn­ten wur­den für rund vier­hun­dert Gefan­ge­ne etwa 40 preu­ßi­sche Staats­die­ner ein­ge­setzt. Vom Gefäng­nis­di­rek­tor bis zu den ein­zel­nen Wacht­meis­tern han­del­te es sich um Beam­te. Zu ihrem Amts­eid gehör­te es, „bei Gott dem All­mäch­ti­gen und All­wis­sen­den“ zu beschwö­ren, „sei­ner Majes­tät dem Deut­schen Kai­ser treu und gehor­sam (zu) sein“. 

Die Beschäf­tig­ten des Zucht­hau­ses waren kei­ne Her­for­der. Sie soll­ten ver­an­lasst wer­den, mit ihren Fami­li­en von außer­halb in eine Stadt zu kom­men, in der es bis dahin kei­nen Platz für sie gab. Hier soll­ten sie, wie es in einem städ­ti­schen Ver­wal­tungs­be­richt hieß, „domi­zi­liert“, das heißt, ansäs­sig werden.

Der Betrieb der Straf­an­stalt erfor­der­te des­halb ange­mes­se­nen und bezahl­ba­ren Wohn­raum für rund 200 Men­schen – im Her­ford jener Jah­re und unter den Bedin­gun­gen des dama­li­gen Woh­nungs­mark­tes eine unlös­ba­re Auf­ga­be. In der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts wuchs die Bevöl­ke­rungs­zahl unauf­hör­lich und mit ihr die Woh­nungs­not in der Stadt. Sozia­ler Woh­nungs­bau fand kaum statt und hat­te bes­ten­falls eine sym­bo­li­sche Bedeutung.

Woh­nen im direk­ten Schat­ten der Gefäng­nis­mau­er. Das Foto zeigt die letz­ten zwei Häu­ser der eins­ti­gen Wohn­ko­lo­nie für die Beschäf­tig­ten des Her­for­der Gefäng­nis­ses. Sie sind von der Wer­re­stra­ße erreich­bar und wer­den auch heu­te noch bewohnt. Alle übri­gen Häu­ser wur­den im Zuge des Gefäng­nis­um­baus nach 1990 ent­we­der abge­ris­sen, oder gerie­ten hin­ter die erwei­ter­ten Gefäng­nis­mau­ern (sie­he Luft­auf­nah­men wei­ter unten). 

Foto: Die­ter Begemann

Den Pla­nern des Zucht­hau­ses muss sehr schnell klar gewe­sen sein, dass sie die­ses Pro­blem nur lösen konn­ten, wenn sie mit dem Bau der Straf­an­stalt gleich­zei­tig auch den not­wen­di­gen Wohn­raum für das Leitungs‑, Auf­sichts- und Wach­per­so­nal schu­fen. Dafür grif­fen sie auf Ideen zurück, die im Arbei­ter­sied­lungs­bau in den Indus­trie­me­tro­po­len, etwa im Ruhr­ge­biet, eine zuneh­men­de Bedeu­tung hat­ten. Dort sorg­ten die Arbeit­ge­ber des Berg­baus und der Mon­tan­in­dus­trie durch den Bau von Betriebs­woh­nun­gen und Werks­sied­lun­gen für preis­wer­ten Wohnraum. 

Die sozia­le Bedeu­tung sol­cher Pro­jek­te darf kei­nes­falls unter­schätzt wer­den. Zu aller­erst waren sie jedoch von dem Inter­es­se bestimmt, für die anspruchs­vol­len indus­tri­el­len Beru­fe qua­li­fi­zier­te Stamm­be­leg­schaf­ten auf­zu­bau­en und an die Unter­neh­men zu bin­den. Für die preu­ßi­sche Staats­re­gie­rung stell­ten sich die Fra­gen mit Blick auf ihr Gefäng­nis­per­so­nal ähnlich.

So ent­stand mit dem König­li­chen Gefäng­nis ein Woh­nungs­bau­pro­jekt, des­sen beson­de­re Bedeu­tung in Her­ford jedoch von kaum jeman­dem bemerkt wur­de. Als im Okto­ber 1882 das Gefäng­nis ein­ge­weiht wur­de, leb­ten bereits 39 Beam­te mit ihren Fami­li­en in 29 Dienst­woh­nun­gen.

Blick im Jahr 1992 auf die Dop­pel­häu­ser für das Wach­per­so­nal in der Kolo­nie am Knast an der Eim­ter Stra­ße. Zur Zeit der Auf­nah­me wur­den bereits die Pla­nun­gen für den Abriss der meis­ten Häu­ser betrie­ben. An der Stel­le der Häu­ser ver­läuft heu­te die erwei­ter­te Gefängnismauer.

Foto: Wolf­gang Prüß­ner, in: Neue West­fä­li­sche vom 10.02.1998; Repro: Die­ter Bege­mann  Ich dan­ke mei­ner (Ex-)Kollegin Son­ja Lang­ka­fel sehr für Ihre wert­vol­le Hil­fe bei der Suche nach die­sem und ande­ren Fundstücken.

Durch das Sel­ge-Buch gilt das öffent­li­che Inter­es­se heu­te zumeist der eins­ti­gen Direk­to­ren­vil­la in der Eim­ter Stra­ße 5. Dabei wur­de dem Haus schon lan­ge das Meis­te genom­men, was ein­mal sei­nen Charme aus­mach­te. Tat­säch­lich lenkt die Suche nach den ver­blass­ten Spu­ren heu­ti­ger Pro­mi­nenz jedoch davon ab, dass es rund um die Gefäng­nis­mau­ern sehr viel mehr zu ent­de­cken gab. Eine gan­ze Häu­ser­ko­lo­nie, fast ein klei­nes Dorf mit immer­hin 14 Haus­num­mern. Direkt hin­ter der Direk­to­ren­vil­la, vor dem Gefäng­nis­ein­gang, befan­den sich zwei grö­ße­re Gebäu­de mit hohen und wei­ten Räu­men auf zwei­ein­halb Eta­gen. Es han­del­te sich um die durch­aus reprä­sen­ta­ti­ven Woh­nun­gen des sons­ti­gen Lei­tungs­per­so­nals, zu dem unter ande­rem der Gefäng­nis­arzt und die bei­den Anstalts­pfar­rer (evan­ge­lisch und katho­lisch) gehör­ten. Zusätz­lich ver­teil­ten sich rund um die Gefäng­nis­mau­ern ins­ge­samt neun typi­sche Sied­lungs­häu­ser für die »Schlie­ßer«, wie das Wach­per­so­nal im Anstalts­jar­gon genannt wur­de. Die­se leb­ten in andert­halb­ge­schos­si­gen Gebäu­den mit jeweils zwei Ein­gän­gen und eher klei­nen Zimmern. 

Die »Kolo«, wie die Kolo­nie am Knast von ihren Bewoh­nern genannt wur­de, hat eine durch­aus beson­de­re Geschich­te. Trotz­dem ist sie fast spur­los ver­schwun­den. Bis­her gibt es kaum Fotos von den Häu­sern der Kolo­nie und vom dor­ti­gen Leben. Falls Sie mit Hin­wei­sen, Fotos oder sons­ti­gem Mate­ri­al hel­fen kön­nen, sen­den Sie mir bit­te eine E‑mail. — Herz­li­chen Dank im Voraus!

Jedes Haus ver­füg­te über einen eige­nen Nutz­gar­ten zum Anbau von Obst und Gemü­se für die Selbst­ver­sor­gung. In den Gär­ten befand sich jeweils ein gemau­er­tes Toi­let­ten­häus­chen (bis zur Ein­füh­rung der Kana­li­sa­ti­on noch mit »Don­ner­bal­ken«) mit einem Stallan­bau für Schwei­ne und Ziegen. 

Die Kolo­nie am Knast war schon wegen ihrer gerin­gen Mie­ten ein ein­deu­tig sozia­les Pro­jekt. In einer Stadt mit stän­dig stei­gen­der Woh­nungs­not war es außer­ge­wöhn­lich, dass der preu­ßi­sche Staat die Ver­ant­wor­tung für die Wohn- und Lebens­ver­hält­nis­se sei­ner Beschäf­tig­ten über­nahm. Durch die unter­schied­li­che Gestal­tung und Grö­ße der Woh­nun­gen tat er dies jedoch nicht, ohne dabei gleich­zei­tig die sozia­len und gesell­schaft­li­chen Unter­schie­de zwi­schen geho­be­nen und nie­de­ren Beam­ten sicht­bar und dau­er­haft mit Back­stein und Mör­tel zu zementieren. 

Natür­lich waren die dort leben­den Men­schen ein Teil der Stadt­ge­sell­schaft. Als Nach­barn und Kol­le­gen gehör­ten sie jedoch immer auch zu einer Art geschlos­se­ner Gemein­schaft. Wer dort leb­te, wohn­te in der »Kolo«. Irgend­wann war die­se Bezeich­nung unter den Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­nern üblich gewor­den. Durch­aus ein Hin­weis dar­auf, dass zur Kolo­nie am Knast nicht nur deren eige­ne Kulis­se gehör­te, son­dern auch ein eige­nes Milieu. Wenn Edgar Sel­ge heu­te beschreibt, wie er als klei­ner »Etja« das Gefäng­nis umrun­de­te, um Sams­tags um 12 Uhr am Küchen­tisch der lie­be­voll-warm­her­zi­gen Fami­lie Lin­nen­brüg­ger einen Kakao zu trin­ken, kann man viel­leicht ein wenig davon erah­nen. (Bit­te unten weiterlesen.)


Neue Foto­fun­de:

Der Auf­ruf nach Fotos zur Geschich­te der JVA und auch der frü­he­ren Wohn­ko­lo­nie ergab rasch einen bemer­kens­wer­ten Erfolg. Die hier gezeig­ten Fotos stam­men von einem Beschäf­tig­ten der JVA, der eini­ge Jah­re selbst in einer der Dienst­woh­nun­gen der »Kolo« wohn­te. Nach Rück­spra­che mit der Direk­to­rin der JVA, Frau Jun­ge­b­lodt, erhielt er die Erlaub­nis, die Fotos für die Ver­öf­fent­li­chung auf mei­ner Sei­te zur Ver­fü­gug zu stel­len. — Herz­li­chen Dank dafür! – (Die Fotos kön­nen durch Ankli­cken ver­grö­ßert werden.) 

Die Fotos sind lei­der nur unge­fähr zu datie­ren. Nach mei­ner Schät­zung sind sie etwa zwi­schen den 1930er und den 1950er Jah­ren ent­stan­den. Ein wich­ti­ges Indiz für die­sen Zeit­raum sind die damals noch vor­han­de­nen üppi­gen Holz­ver­zie­run­gen an den soge­nann­ten Inspek­to­ren­häu­sern für die lei­ten­den Beam­ten (Bild 2) links und rechts an der Stra­ße zum Tor­haus. Weil die Fotos im Win­ter auf­ge­nom­men wur­den, sind vie­le Details sicht­bar, die in ande­ren Jah­res­zei­ten durch Bäu­me und Blatt­grün ver­deckt wären.



 In den Jah­ren nach 1995 wur­de die Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt nicht nur gründ­lich umge­baut und moder­ni­siert, son­dern durch Werk­stät­ten und ande­re Gebäu­de auch erheb­lich erwei­tert. Die­se Ver­grö­ße­rung der JVA-Grund­flä­che um rund die Hälf­te war nur mög­lich, weil im Jahr 1998 der Denk­mal­schutz für den gesam­ten Gefäng­nis­kom­plex auf­ge­ho­ben wor­den war. Die Stadt Her­ford hat­te die Unter­schutz­stel­lung im Jahr 1984 ohne­hin nur mit deut­lich erklär­tem Wider­wil­len hin­neh­men müssen.

Auch die »Kolo« war dabei unter Denk­mal­schutz gestellt wor­den. Das hät­te ein Ansatz­punkt für ihren Erhalt sein kön­nen. Aber wäh­rend in zahl­rei­chen ande­ren Städ­ten oft lan­ge und erbit­tert für den Erhalt sol­cher Werks- und Arbei­ter­sied­lun­gen gekämpft wur­de, ver­schwand das eins­ti­ge Her­for­der Modell­pro­jekt für preu­ßi­sche Beam­te nahe­zu geräusch­los und unbe­merkt. Am Ende ver­lang­ten die Bewoh­ner der Kolo­nie von ihrem Arbeit­ge­ber nur eine Kos­ten­er­stat­tung für Umbau­ten, die sie in oft lie­be­vol­ler Arbeit selbst an ihren Woh­nun­gen durch­ge­führt hatten. 

Die Stadt Her­ford zeig­te ohne­hin kein Inter­es­se mehr für das Pro­jekt. Rund hun­dert Jah­re nach­dem das eins­ti­ge Zucht­haus ein ent­schei­den­der Motor für das Ent­ste­hen und die Ent­wick­lung die­ses Teils der Stadt war, behan­del­te man im Rat­haus alles, was mit der JVA zu tun hat­te, allen­falls noch als not­wen­di­ges Übel. Schließ­lich wur­de ein Teil der eins­ti­gen Wohn­häu­ser durch die Erwei­te­rung in den Gefäng­nis­be­trieb »inte­griert«. Die Sied­lungs­häu­ser auf der Nord­sei­te der JVA wur­den abge­ris­sen. Nur zwei Häu­ser auf der Süd­west­sei­te blie­ben erhal­ten und wer­den auch heu­te noch bewohnt. Der nach­fol­gen­de Ver­gleich der Luft­auf­nah­men aus den Jah­ren 1958 und 2020 zeigt die Veränderungen.

Luft­auf­nah­men: Kreis Her­ford; Bear­bei­tung und Mon­ta­ge: Die­ter Begemann

 

Die­sen Bei­trag wei­ter empfehlen: